VORWORT VON RUEDIGER DAHLKE
Bio-Philia!
Selten habe ich beim Lesen so viel gestaunt, gelernt und Freude empfunden wie bei diesem wundervollen Buch. Ganz vieles in meinem Leben hat Clemens Arvay unerwartet wissenschaftlich abgesichert. Ich habe früher oft draußen im Wald oder wenigstens auf
der Terrasse geschlafen und den Großteil meiner Bücher im Freien, inmitten von grünen Pflanzen, geschrieben und lasse immer wieder in Gedankenpausen den Blick ins »Grüne« schweifen. Auf Bali liebe ich mein Wohnzimmer, den Garten, das mit himmlischen tropischen
Pflanzen gemütlich und ganz in Grün eingerichtet ist.
TamanGa, unser Zentrum in der Südsteiermark in Österreich, heißt, aus dem Indonesischen übersetzt, »Garten Ga(mlitz)«. Gärtner war mein erster Berufswunsch und schon immer hatte ich das Gefühl, dass pflanzliches Grün heilen kann. Ich spürte es, schmecke es in Form von grünen Smoothies und jetzt ist es auch noch wissenschaftlich belegt. Das freut mich zutiefst und ich danke Clemens Arvay dafür, dass er diese vielen im wahrsten Sinne des Wortes wundervollen
Wirkungen von Grün als Biologe so kompetent und neben der wissenschaftlichen Achtsamkeit auch mit so viel Gefühl gesammelt und vor uns Lesern ausgebreitet hat.
Als 1984 die Welt nicht unterging, sondern in Science, der bedeutendsten naturwissenschaftlichen Fachzeitschrift, eine Studie von Professor Roger Ulrich erschien, spürte ich als 33-jähriger
junger Arzt intuitiv wie recht Ulrich hatte und wie falsch unsere Kliniken waren. Ulrich belegte, wie allein der Ausblick aus dem Fenster des Krankenzimmers hinaus ins Grüne, auf Bäume, die Heilung nach Operationen deutlich beschleunigte. Die Studie genügte wissenschaftlichen
Ansprüchen, ihr Ergebnis war signifikant. Und Ulrich forschte weiter. Patienten der »Baum-Gruppe« benötigten nach dem chirurgischen Eingriff deutlich weniger Schmerzmittel,
und wenn, dann schwächere und die Wirkung war nachhaltig, denn postoperative Komplikationen blieben ebenfalls geringer. Selbst Zimmerpflanzen verbessern die Heilung nach Operationen und verringern die Notwendigkeit von Schmerzmitteln. Aber in unseren
Kliniken sind sie natürlich, aus hygienischen Gründen, verboten!
Professor Ulrich belegte weiter, wie selbst Naturfilme und Naturbilder förderlich auf Kranke wirken und Schmerzen lindern. Ähnliche Beobachtungen machte Klinikpersonal weltweit und
besonders deutlich in geriatrischen Kliniken. Wenn alte Patienten Gärten besuchen können, brauchen sie weniger Schmerzmittel und Antidepressiva. Und trotzdem blieb, mit absurden Argumenten, in unseren kranken Krankenhäusern alles beim Alten. Aber dass es inzwischen, wie vom Autor dieses Buches wunderbar dargestellt, sogar Waldmediziner wie Professor Qing Li gibt,
das macht Hoffnung. Ich fürchtete, die Arbeiten von Ulrich seien mal wieder in unserer fast nur auf die Gewinn-Maximierung von Big-Pharma ausgerichteten Schulmedizin ohne Konsequenzen verhallt.
Professor Li konnte bei Patienten mittels Urinproben belegen, wie Waldatmosphäre die Stresshormone Cortisol und Adrenalin nachhaltig senkte. Ein Tag im Wald reduzierte bei Männern das Adrenalin um fast 30 Prozent und am zweiten Tag im Wald sogar um 35 Prozent. Bei Frauen sank das Adrenalin am ersten Tag um mehr als 50 Prozent und am zweiten Tag um mehr als 75 Prozent im Vergleich zum Ausgangswert. Welche Psychopharmaka schaffen
das? Ein Stadtbummel bewirkte im Vergleich nichts Positives. Obendrein wurde inzwischen nachgewiesen, dass die Waldatmosphäre den Vagus aktiviert, den Nerv der Ruhe und Regeneration. Für Entspannung und die Wiederherstellung unserer körperlichen und geistigen Reserven zuständig, repräsentiert er den archetypisch weiblichen Pol unseres vegetativen Nervensystems.
Japanische Wissenschaftler, die die dortige Tradition des Waldbadens Shinrin-yoku untersuchen, gehen davon aus, dass die stresslösende Wirkung des Waldes im Hinblick auf Eingeweidenervensystem und Stresshormone sowohl über die Seele als auch durch sogenannte
Terpene geschieht, die den Pflanzen als Kommunikationsmittel dienen.
Kommunikation unter und mit Pflanzen hatte ich bisher zwar für möglich gehalten, aber doch nur im spirituellen Sinn. Erzählte unser Gärtner in TamanGa, Paul Brenner, schon vor Jahren, wie er
und seine Frau Gerti, bewusst mit den Pflanzenwesen kommunizieren und er davon ausgehe, dass die angebauten Pflanzen auch wüssten, was sie beide speziell bräuchten, glaubte ich ihm. Insofern wäre Gartenarbeit und eine gute Beziehung zu Obst- und Gemüsepflanzen ein sehr grundlegender Schritt zu gesunder pflanzlichvollwertiger Kost. Und auch wenn ich sah, wie die Arbeit mit den Pflanzen im TamanGa-Garten ihnen offensichtlich Freude macht und sie bei guter Gesundheit hielt, blieb der wissenschaftliche Teil des Arztes in mir doch skeptisch wach.
Das war selbst im Findhorn-Garden in Schottland so, obwohl ich dort sogar sehen konnte, wie die Pflanzen aufgrund der Kommunikation mit den Devas, das sind die »Pflanzengeister«, zu ungewöhnlich großen und schönen Früchten führte, obendrein auf einem erbärmlich ungeeigneten Sandboden.
Als ich einen Cuandero, einen peruanischen Schamanen, fragte, woher er denn wisse, dass er zu dem psychotrop wirkenden Alkaloid Chacruna einen Monoaminooxidase-Hemmer (Mao-Hemmer) namens Ayahuasca beimischen müsse, um die Zerstörung von ersterem im Magen zu verhindern, sagte er ganz spontan und entwaffnend, na er habe die Pflanzen gefragt. Aha! Als er mich später in den Urwald schickte, damit ich mir die heiligen Pflanzen für meine Reise holte, versicherte er mir, sie würden mich rufen. Aber sie sprachen nicht zu mir, wie ich schon befürchtet hatte.
Seit diesem Buch über den Biophilia-Effekt aber weiß ich nun wenigstens, wie Pflanzen nachweislich über Pheromone, also Duftstoffe, und durch ein für Menschen unhörbares Knacken ihrer Wurzeln kommunizieren und ein Wald ein einziges zusammenhängendes, ständig kommunizierendes Lebewesen ist. Oft denke ich rückwirkend im Hinblick auf die Erfahrung im Urwald: Welche intelligente Pflanze spricht schon zu Medizinern mit wissenschaftlichem Anspruch?
Dass Lebewesen an sich heilend wirken können, ist natürlich längst bekannt. Schon Paracelsus ging davon aus, dass der Mensch und seine Liebe die wichtigsten Arzneien für den Menschen seien. Wie Tiere heilen können, hatte ich schon selbst erlebt, etwa mit unserer Therapie-Katze Lola, die bei uns im Wartezimmer »arbeitete « und zielsicher auf erkrankten Regionen der Patienten Platz nahm, um dort laut zu schnurren. Der US-Amerikaner Professor James Lynch hat auch längst wissenschaftlich belegt, dass Hunde ein ideales Therapeutikum für Hochdruckpatienten sind.
Dass unser kommunizierendes Lebewesen »Wald« das ebenfalls kann, wissen wir jetzt von koreanischen und japanischen Wissenschaftlern, die belegten, dass Waldwanderungen und überhaupt Natur-Erlebnisse erhöhten Blutdruck senken und die Herzfrequenz beruhigen. Stadterfahrungen brachten dagegen eher einen Anstieg des Blutdrucks. Dieses Buch liefert die Erklärungen dazu. Und die Reihe der wissenschaftlich belegten Wunder geht weiter.
Die heilende Wirkung der Grünkraft, von der Hildegard von Bingen schon schwärmte, tritt nun ins Licht moderner Forschung. Waldaufenthalte stärken nachweislich unser Immunsystem, ablesbar an der Erhöhung sogenannter Killerzellen, und die werden im Wald auch gleich noch aktiver. Dass Pflanzen heilen, weiß die Naturheilkunde schon ewig, dass pflanzlich-vollwertige Kost so viele, auch schwerste Krankheitsbilder wie Krebs und Herzprobleme bessern und manchmal sogar heilen kann, erleben wir seit sechs Jahren mit Peace-Food. Aber dass sie auch einfach so, ohne dass wir sie uns einverleiben, heilen, habe ich erst bei Clemens Arvay begeistert gelesen. Natürlich hat die Aromatherapie es schon angedeutet.
Arvay belegt diese heilende biologische Kommunikation auf verschiedenen Ebenen wie der des Unbewussten, aber auch des Immunsystems. Pflanzen verständigen sich mit uns über Moleküle.
Einmal habe ich das sogar miterlebt, ohne es zu verstehen. Unsere Weihnachtsbäume habe ich jeweils kurz vor dem Fest aus- und danach wieder eingegraben. Einmal nahm ich einen mit zwei Stämmen, den sonst niemand wollte. Anschließend in unserem Garten eingepflanzt, erlebte ich staunend, wie nach einem Jahr der eine bis dato gleichgroße Stamm seitlich abbog und zu einem Ast wurde.
Die Frage, was den Zellen zwei Meter über der Gabelung sagte, dass eine anständige Fichte nur einen Stamm habe und sie lieber seitwärts abbiegen und zu einem Ast werden solle, ließ mich nie mehr ganz los. Morphogenetische Felder hin oder her, aber Pflanzen konnten ja nach meiner damaligen Vorstellung nicht sehen. Jetzt weiß ich, sie können immerhin riechen und das ganz ohne Nase auf ihre eigene Art. So melden Pflanzen einander den Anmarsch von Feinden und
überdies die Art der Angreifer und produzieren daraufhin passende Abwehrstoffe. Sie rufen sogar Tiere herbei, die ihnen helfen und die Angreifer fressen können, wie wir in diesem Buch erfahren. sein, die uns so stärkt. Irgendwann werden wir auch messen können, dass der Aufenthalt in der Wildnis, in einem natürlichen Wald, noch gesünder ist als der in einem Fichtenacker. Und irgendwann werden wir wieder erkennen, dass Mutter Natur es schon recht macht und wir nur wieder auf sie hören und sie aufsuchen müssen. Und das Schönste: Sie ist immer für uns da, kostet nichts und beschenkt uns so reichlich. Sie ist die beste Ärztin, über alle Maßen klug, ganzheitlich orientiert sowie wunderschön und zu allem auch zu Wundern fähig.
Ich wünsche diesem Buch so viel Erfolg wie es Bäume in den Wäldern und andere fühlende Wesen auf der Erde gibt!
Ruediger Dahlke, TamanGa, im März 2015